Die Bomberjacke –Sozialisation einer Jacke
2010/11
Was passiert mit Kleidungsstücken, die ihre ursprünglichen Bedeutungen verlieren und sich ihre Konnotationen im Mainstream auflösen? «Die Bomberjacke – Sozialisation einer Jacke» beschäftigt sich einerseits anhand des Phänomens der Doppelnutzung zweier rivalisierender Jugendgruppierungen ob und inwiefern dadurch die politische Bedeutung der Bomberjacke verwischt. Ist der Weg damit frei für die Aneignung der Bomberjacke bei der Avantgarde und somit durchlässig für den Mainstream? Andererseits stellt sich die spekulative Frage nach dem gestalterischen, Produkt-haften Potenzial dieses Kleidungsstücks als konnotationsfreies Objekt. Ist die Bomberjacke nicht mehr nur Täter, sondern auch Opfer, nicht nur Gewinner, sondern auch Verlierer? Welche Zukunft hat die Bomberjacke mit der Zugabe diverser Bedeutungen durch die Avantgarde oder mit der absoluten Auflösung in ihre Einzelteile durch den Mainstream?
Die sogenannte Bomberjacke ist die vorerst letzte Inkarnation eines Kleidungsstückes, das ursprünglich von den Kampfpiloten des Ersten Weltkrieges getragen wurde. Die Linie führt vom schweren Ledermantel über die schon leichtere Lederfliegerjacke, der nachempfunden Ende der 1960er Jahre die erste Nylonversion der Bomberjacke folgt, hin zum feuerfesten Blouson aus leichten Hightech-Materialien, wie er heute im Einsatz ist. Bekanntestes Modell der Bomberjacke ist die MA-1 von Alpha Industries. In den 1980er Jahren wurde diese zunehmend von rechtsradikalen deutschen Skinheads adaptiert, die sich damit von klassischen Skinhead-Jacken wie dem Harrington oder dem Donkey Jacket distanzierten. Damit wurde die Bomberjacke einseitig politisch aufgeladen und – medial verstärkt – zum Synonym für rassistische Gewalt. Eine nicht unbedingt naheliegende Gruppe von Bomberjackenträgern ist (oder waren) schließlich sogenannte Jugendliche mit Migrationshintergrund. Den Trägergruppen gemein ist der Wunsch, durch die Wahl dieses bestimmten Kleidungsstückes eine breitschultrige, ultramaskuline Silhouette zu gewinnen und auf diese Weise aggressive Männlichkeit, Kraft und militärische Unerschrockenheit bis hin zu Gewalt- und Kampfbereitschaft zu vermitteln.
Credits | BACHELOR DESIGN Style & Design, Departement Design, Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) | PRODUKTE/ KONZEPT Henriette-Friederike Herm | FOTOGRAFIE Ann-Kathrin Kampmeyer (Tatortbilder) |