Eine Selbsthilfegruppe
2009
Die «Selbsthilfegruppe für Aufbewahrer» ist ein Projekt, dass sich mit dem Überkonsum und dem Wegwerfsymptom beschäftigt. Diese fiktive Gruppe spielt zynisch und ironisch mit der Normalität des saisonalen Zwangs sich ständig neu einzurichten und auszustatten. Es stellt diejenigen, welche ihre Sachen für mehrere Saisons aufbewahren an den Rand der Gesellschaft mit der Notwendigkeit diese Selbsthilfegruppe zu besuchen. Diese verspricht den Teilnehmer*Innen wieder teilhaben zu können an der zeitgemäßen Gesellschaft. Sie macht den Weg frei für Neuanschaffungen, indem die Grundlage gelegt wird sich von Gegenständen emotional zu trennen, die schon längst überfällig zum Wegwerfen sind. Mit den einfachsten Mitteln wird Hilfe angeboten, um sich wieder in die normale Gesellschaft eingliedern zu können. Gleichgesinnte mit einer ähnlichen Vergangenheit treffen in unterschiedlichen Workshopsituationen aufeinander und profitieren gegenseitig von dieser neuen Gemeinschaft, die den Weg bereitet in ein neues befreites und konsumreiches Leben.
more
Manifest
1. |
Die Aufbewahrer sind Frauen und Männer, die entdeckt und eingestanden haben, dass das Aufbewahren von Dingen, zu denen sie eine emotionale Bindung haben, für sie zu einem
existenziellen Problem geworden ist. Sie verspüren diese Krankheit das Aufbewahren am eigenen Leib und möchten in der Gemeinschaft lernen Tag für Tag ganz ohne sie zu leben. Sie
streben eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft an.
|
2. |
Sie haben Möbel, Accessoires und Kleidungsstücke, die älter als eine Saison sind. Sie werden aufbewahrt, liebevoll gepflegt und können von den Gegenständen nicht loslassen und sie
dadurch kein Bedürfnis verspüren sich neue Dinge zu kaufen. Sie haben dadurch keinen Zugang zur heutigen Gesellschaft, wollen aber den Sprung in die Akzeptanz der Gesellschaft und
deren Wertevorstellungen schaffen. Sie wollen endlich Teilhaben an dem heutigen normalen Leben der Massenkonsum- und Wegwerfgesellschaft.
|
3. |
Die Bewahrer treffen sich Regelmäßig, um ihre Erfahrungen und Erkenntnisse auszutauschen. Durch den ständigen Kontakt mit den Genesenden kann der Zwang des Aufbewahrens durchbrochen
werden. Es werden unterstützende Hilfsmittel eingesetzt, die den Teilnehmer auch außerhalb der Selbsthilfegruppe begleiten. Sobald er nichts mehr aufbewahrt bekommt er einen Teil
seiner Krankheit in den Griff – seine Psyche erhält die Möglichkeit sich zu erholen. Der Teilnehmer beginnt sein verworrenes Denken und seine unglücklichen Gefühle zurecht zu rücken,
indem er die drei Phasen der Selbsthilfegruppe anzuwenden versucht. Dem „Neuling“ wird empfohlen regelmäßig in die Selbsthilfetreffen zu gehen, um mit anderen Teilnehmern in
Verbindung zu bleiben und aus dem Genesungsprogramm zu lernen.
|
4. |
Die Selbsthilfegruppe bietet Ihnen die gegenseitige Aussprache, die Gemeinsamkeit der Erfahrungen, die ihnen die wöchentlichen Sitzungen anbieten. Jedoch dürfen sie keine „Behandlung“
im medizinischen oder kirchlichen Sinne erwarten. Jeder Teilnehmer wird mit seiner Krankheit vorbehaltlos akzeptiert. Wir haben weder die Befugnis noch die finanziellen Mittel, Sie
bei der Arbeitssuche, bei der Wiederherstellung ihrer Familienbeziehungen oder bei der Lösung eines ihrer vielen sozialen Probleme zu unterstützen. Die drei gängigen
Behandlungsmethoden und Genesungsmittel. Phase eins befasst sich mit der Entsorgung von Dingen, zu denen der Teilnehmer eine emotionale Bindung hat. Die Gruppe wird sich im ersten
Schritt mit ihren Erfahrungen und Erkenntnissen beschäftigen. Die Erkenntnis ist der erste Schritt in die richtige Richtung. Dies wird visualisiert durch das Zunähen der eigenen
Taschen und das Ritual der Vernichtung. Der Bewahrer lernt Dinge, die für ihn eine Bedeutung haben, systematisch zu entsorgen. Der Teilnehmer bekommt die Tasche ohne Boden um die
erste Phase auch außerhalb der Selbsthilfegruppe zu erproben und das Gefühl für die Wegwerfgesellschaft, in die er sich integrieren möchte, zu bekommen. In der Phase zwei wird dem
Teilnehmer das wahllose Konsumieren aufgezeigt. Ziel ist es in möglichst kurzer Zeit so viel wie möglich zu konsumieren. Zum Hilfsmittel erhält der Teilnehmer eine Riesentasche, in
der Massen hineinpassen. Phase drei ist die wichtigste Phase zur Integration in die Gesellschaft. Sie ist die Kombination aus Phase eins und zwei.
|
5. | In der Selbsthilfegruppe lernen Sie ihre veralteten Konventionen abzulegen und sie durch innovative Möglichkeiten in ein zeitgemäßes Verhalten umzukehren. Wir helfen unseren Teilnehmern sich erstmals von ihren Altlasten und ihren veralteten Verhaltensschema zu lösen. Der Teilnehmer wird mit uns erfolgreich lernen frei und ausgelassen konsumieren zu können. In unserer Gemeinschaft werden sie lernen sich wieder sicher im Leben zu bewegen – sodass sie schließlich wieder als vollwertiges Mitglied der Konsum- und Wegwerfgesellschaft anerkannt werden. |
Credits | UNTERRICHTSMODUL «Gewand und Gesinnung», Departement Design, Stye & Design, Zürcher Hochschule der Künste | KURZTEXT Ausgehend von existierenden Gesinnungs-Gruppierungen diverser Couleur wird sich mit Bedeutung und Codierung von Bekleidungsfragmenten und Accessoires auseinandergesetzt. Es stellt sich die Frage: Wie wird die Gesinnung und Lebenshaltung über Bekleidung kommuniziert? | MODULLEITUNG Eva Wandeler | KONZEPT/ UMSETZUMG Ciara Fey, Michelle Pils, Henriette-Friederike Herm | FEMALE MODEL Felicitas Dagostin |